Zum Zahnarzt nach Ungarn? Patienteninformation der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft zum Thema "Zahnbehandlung im Ausland"

Ab und zu werden wir gefragt, was wir von der Zahnbehandlung im Ausland halten. Generell ist dagegen nichts einzuwenden, wenn die Qualität der Behandlung der in der Schweiz entspricht und fachgerecht durchgeführt wird. Das ist manchmal nicht der Fall. 

Aufwendiger Zahnersatz braucht direkt nach Fertigstellung, aber auch über die Dauer adäquate Nachbehandlung. Der Zahnarzt zuhause darf nur im Notfall am Zahnersatz etwas ändern, da sonst der Garantieanspruch erlischt. Zur Kontrolle ins Ausland zu fahren ist oft schwierig. 

Ausserdem ist ein Garantieanspruch bei fehlerhafter Behandlung ausserhalb der Schweiz schwerer durchzusetzen. In der Schweiz haben Patienten von Zahnärzten, die bei der SSO Mitglied sind, bei Reklamationen die Möglichkeit die Begutachter Kommission der SSO um Klärung zu bitten. 


Im folgenden Text klärt die SSO ausführlich über Risiken der Behandlung im Ausland auf. 


Spezialisierte Firmen locken mit Billigangeboten für Zahnbehandlungen ins Ausland. Welches sind die Risiken? Und warum ist es für Patientinnen und Patienten langfristig besser, sich von Zahnärztinnen und Zahnärzten in der Schweiz behandeln zu lassen?

 

Anfang Jahr berichtete die Tageszeitung Tribune de Genève über eine neue Dimension des Dentaltourismus im Kanton Genf: Ungarische Zahnärzte fliegen in die Schweiz und führen Gratiskonsultationen durch, um neue Patientinnen und Patienten zu gewinnen. Nach dieser Gratisuntersuchung erhalten die potentiellen Kunden einen Kostenvoranschlag für die Behandlung – inklusive Reise und Aufenthalt in Budapest. Das grosszügige Angebot lockt den einen oder anderen Patienten tatsächlich nach Ungarn. Dabei gibt es zu bedenken: eine Zahnbehandlung im Ausland birgt Risiken.

 

Bei Auslandbehandlungen fehlt Rechtssicherheit

Der Kostenvoranschlag muss nicht den effektiven Behandlungskosten entsprechen: Immer wieder kommt es vor, dass Patientinnen und Patienten, wenn sie mal im Ausland sind, durch Zusatzkosten überrascht werden. Ohne Zweitmeinung ist zudem die Gefahr einer Überbehandlung gross: Wer Dentaltouristen aktiv anwirbt, will daran verdienen; einen Versorgungsauftrag, wie ihn die Zahnärztinnen und Zahnärzte der Schweizerischen Zahnärzte Gesellschaft (SSO) in ihren Statuten festschreiben, kennt er nicht. «Wir haben es hier mit Zahnärzten zu tun, die ausschliesslich auf Profit aus sind,» erklärt Martine Riesen, Präsidentin der Genfer Zahnärztegesellschaft. «Zum Beweis: Die ungarischen Zahnärzte wenden bei Schweizer Patientinnen und Patienten nicht den ungarischen Zahnarzttarif an – sie verdreifachen oder vervierfachen die Preise.»

Kommt es zu Differenzen mit ausländischen Behandlern, ist es für Patientinnen und Patienten kaum möglich, ihre Rechte einzufordern. Dies gilt selbst dann, wenn die Erstuntersuchung in der Schweiz stattgefunden hat: Jeder Zahnarzt aus einem EU oder EFTA-Land kann ohne Bewilligung für 90 Tage in der Schweiz arbeiten, dies ohne in der Schweiz zu wohnen. Wer von einem solchen Zahnarzt behandelt wird, hat wenig Chancen, zu seinem Recht zu kommen – oft sind diese Zahnärzte bereits wieder verschwunden, wenn Probleme auftauchen.

 

Umfassende Behandlungen brauchen Zeit

Je umfangreicher die Behandlung, desto grösser das Risiko, das Patientinnen und Patienten mit einer Auslandbehandlung eingehen. «Bei den Angeboten des Dentaltourismus sind wir mit Behandlern konfrontiert, die in möglichst wenig Zeit möglichst viel Umsatz erzielen wollen», mahnt Martine Riesen. Werden umfassende Behandlungen in kurzer Zeit durchgeführt, ist es nicht möglich, den natürlichen Heilungsprozess ausreichend zu berücksichtigen. Ein Beispiel: Ein frisch gesetztes Implantat muss mehrere Wochen einheilen, bevor die Krone aufgesetzt werden kann. Selbst wenn ein ausländischer Zahnarzt topqualifiziert ist und die Behandlung korrekt durchführt, leidet die Qualität: Die Therapie muss in kürzester Zeit und ohne Nachsorge durchgeführt werden. Bei Komplikationen können die Kosten schnell explodieren: Zusätzliche Reisen, Absenzen am Arbeitsplatz, nicht selten eine Reparatur der mangelhaften Behandlungdurch einen anderen Zahnarzt. Immer wieder zeigen Fallbeispiele, wie teuer Billigzahnärzte werden können.

 

Gut aufgehoben

Wieso empfiehlt sich eine Behandlung durch einen Zahnarzt, eine Zahnärztin SSO? Zum einen wegen der Qualität: SSO-Mitglieder verpflichten sich zu stetiger Fortbildung, arbeiten nach gemeinsam festgelegten Qualitätsleitlinien und halten berufsethische Standards ein.

 

Langfristig lohnt sich die Behandlung durch ein SSO-Mitglied auch finanziell. Zwar fallen Zahnarztrechnungen in der Schweiz oft höher aus als im Ausland, denn Schweizer Zahnärzte bezahlen höhere Mieten, Schweizer Löhne und Schweizer Preise für Dentalprodukte. Zweckmässige Behandlungen für kleinere Budgets sind aber auch in der Schweiz möglich. Bei finanziellen Engpässen sollten Patientinnen und Patienten ihre Behandler informieren – gemeinsam findet sich meist eine gute Lösung. Am Besten fahren Patientinnen und Patienten, wenn sie regelmässig Kontrolltermine bei ihrer SSO-Zahnärztin oder ihrem SSO-Zahnarzt wahrnehmen, denn diese arbeiten nach dem Motto: Vorbeugen ist besser als heilen. Sie zeigen Patientinnen und Patienten, wie sie Zahnschäden vermeiden und mit guter Mundhygiene Geld sparen können. Wird trotzdem eine Behandlung nötig, kommt Zahnerhalt vor Zahnersatz – eine in der Schweiz alltägliche Behandlungsphilosophie.

 

 

Nicht zuletzt: Patientinnen und Patienten haben eine Mindestgarantie, wenn sie sich von Zahnärztinnen und Zahn- ärzten der SSO behandeln lassen: Kommt es zu Beanstandungen wegen einer Behandlung oder Zahnarztrechnung, kann sich die Patientin oder der Patient an die zahnärztliche Begutachtungskommission der SSO wenden. Diese prüft den Fall und gibt eine Empfehlung ab, die in den meisten Fällen zu einer einvernehmlichen Lösung führt.

 

(Text: zahninfo Nr. 1/16, Patientenzeitung der Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft SSO)