Seit vielen Jahren wird Patienten nach dem Einsetzen von künstlichen Gelenken (z. B. Hüft- oder Kniegelenken) von den Hausärzten oder Orthopäden geraten, für den Zahnarzttermin Antibiotika
einzunehmen. Das Antibiotikum soll dafür sorgen, dass sich Keime aus der Mundhöhle durch die Behandlung nicht auf der Prothesen Oberfläche absetzen. Die Keime sollen über die Wunde, die z. B. bei
der Zahnreinigung entsteht (Zahnfleischbluten) über die Blutbahn verteilt werden. Eine Besiedelung der Prothese könnte dann zur Infektion führen und damit zum Verlust des Gelenks.
Natürlich ist es enorm wichtig, dass keine Besiedelung stattfindet. Aus diesem Grund sind alle Beteiligten äusserst vorsichtig. Nun stellt sich die Frage, ob wir nicht zu vorsichtig sind. Die
Wahrscheinlichkeit, dass Keime aus der Mundhöhle eine Infektion auslösen ist relativ gering. Zusätzlich werden jeden Tag Keime aus der Mundhöhle in die Blutlaufbahn gelangen. So zum Beispiel bei
der Verletzung der Schleimhaut beim Zähneputzen oder wenn es beim Kauen zu kleinen Verletzungen kommt.
Wenn Patienten zur Jahreskontrolle und Zahnreinigung zu uns kommen und dann evtl. zwei Löcher entdeckt werden, würde eine prophylaktische Antibiotikagabe bedeuten, dass der Patient zwei bis
dreimal Antibiotika nehmen müsste. Dies ist eine enorme Belastung für den Körper. Nicht selten sind Bauchweh, Durchfall oder allergische Reaktionen einschränkende Nebenwirkungen. Ausserdem kommt
es zu immer mehr Resistenzen durch die vermehrte Antibiotika Gabe in unserer Gesellschaft. Steht dieses Risiko also im Verhältnis Nutzen?
Am Minisymposium vom 26.April 2017 wurde eine Empfehlung der Expertengruppe Infektionen der Swiss Orthopaedics vorgestellt. Hier wird geraten nur in Ausnahmefällen Antibiotika zu geben. Zum
Beispiel, wenn eine ausgedehnte Entzündung vorliegt oder der Patient gesundheitlich stark eingeschränkt ist.
Hier ist der Bericht für alle Patienten, die es noch genauer wissen möchten.